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Mondfinsternis 2001 mit Zugabe


von Werner Bloid



Nachdem der Himmel die Tage vor dem 9. Januar 2001 sehr bewölkt war, hatten wir wenig Hoffnung die totale Mondfinsternis erleben zu können. Auch für den 9. war schlechtes Wetter vorhergesagt, aber der Wetterbericht irrt ja öfters. Hoffentlich auch dieses Mal, wünschten wir uns, da die nächste totale MoFi bei uns erst 2003 beobachtet werden kann. Und unsere Wünsche wurden offenbar erhört. Als ich am Dienstag Abend nach Haus kam, lag ein praktisch wolkenloser Sternhimmel über Germering. Natürlich hätte ich es einfach gehabt, weil ich nur 5 Minuten vom MBG entfernt wohne, aber ich wollte dem zu erwartenden Andrang auf der Sternwarte entgehen und das Ereignis lieber mit Bruno und den hoffentlich zahlreichen anderen AVWMlern erleben.

Also setzten wir uns, das sind Gitte und ich (Werner) ins Auto und rollten auf der Autobahn gen Windach. Bereits bei Pfaffenhofen mussten wir uns fragen, ob unser Entschluss richtig war: Nebel, Nebel, Nebel... Die Suppe wurde immer dicker, dann wieder ein bißchen dünner und manchmal, wenn es über einen Hügel ging, war sogar ein Stern zu sehen. Sollten wir umkehren und doch zum MBG gehen? Die Zeit hätte noch gereicht. Aber Bruno hat die Lage seines Hauses sicher auch nach astronomischen Gesichtspunkten gewählt, machten wir uns Hoffnung. Es liegt am Hang ziemlich weit droben, wo Wind den Nebel vertreiben könnte. Wir beschlossen auf Brunos Gespür zu vertrauen. Dann rächte sich, dass ich schon einige Zeit nicht mehr in Windach war. Ich verpasste nach der Autobahnausfahrt prompt die Stelle, wo man zum zweiten Mal rechts abbiegen muss. Aber, wie wir später erfuhren, war ich da in guter Gesellschaft: Noch zwei andere unerschrockene Nebel-Navigateure hatten sich verfranst. Über einen holprigen Feldweg mit extra dickem Nebel erreichten wir dann "so kurz vor knapp" (d. h. um 19h35) das Wagner'sche Anwesen.

Und siehe da, unsere Hoffnung wurde nicht enttäuscht: Es gab ein Nebelloch über Bruno's Garten. Matthias hatte bereits seine "Russentonne" in Stellung gebracht. Dann trudelten noch Cathy, Rüdiger sowie Kurt und Andrea ein. Wir erwischten gerade noch den Eintritt in den Kernschatten um 19h42 (die angegebenen Zeiten sind nicht speziell auf die Länge von München/Windach korrigiert). Nachdem alle das Schauspiel mit Matthias' Reflektor sowie Bruno's Refraktor und Feldstecher ausgiebig beobachtet hatten, zog ein leichter Schleier über das Nebelloch.

Da bis zum Beginn der Totalität um 20h49 noch viel Zeit blieb, beschlossen wir, in der Hoffnung auf einen Blick ohne Schleier, bei einem nächtlichen Spaziergang durch Windach eine noch etwas höher gelegene Beobachtungsmöglichkeit zu suchen. Diese fand sich in einem Spielplatz. Um die dort jedoch herrschende starke "optische Umweltverschmutzung" (Straßenlaternen zu Hauf) einzudämmen, zogen wir uns hinter ein Trafohäuschen zurück und tauschten so die optische in eine besser erträgliche "akustische Verschmutzung" (Trafo-Brummen). Schön langsam kroch uns, mit Ausnahme von Bruno, gegen dessen Mascherstiefel hiesige Temperaturen keine Chance haben, die Kälte in die Schuhe. Wir traten daher den Rückweg an und wurden von Claudia, die zur Zeit von ihrem jüngsten Nachwuchs auf Trab gehalten wird und daher leider kaum mit beobachten konnte, mit heißem Früchtetee und Plätzchen empfangen. Wir danken ihr hiermit nochmals herzlich für diese Wohltat.

So aufgetaut und gestärkt, beobachteten wir den Beginn der Totalität. Besonders eindrucksvoll war der Moment, als nur noch eine schmale weiße Sichel vorhanden war und der angrenzende Bereich grünlich schimmerte. Der Rest des Mondes hatte eine warme rotbraune Färbung angenommen. Der Farbeindruck war jedoch von Person zu Person leicht unterschiedlich, was wohl damit zusammenhängt, dass die für das Farb-Sehen zuständigen Zäpfchen (die für das Helligkeits-Sehen verantwortlichen Stäbchen sind weit empfindlicher) bei dieser geringen Helligkeit am Rande ihrer Empfindlichkeitsgrenze arbeiteten.

Die Farbintensität variiert auch mit der verwendeten Optik. Während Prismenfernglas und Refraktor ungefähr die gleiche Farbstärke ergaben, war die Intensität beim Reflektor deutlich geringer. Während der Totalität waren die Sichtbedingungen deutlich besser, als vorher. Bruno vermutete, dass dies neben der gesunkenen Temperatur auch durch die geringere Aufhellung der Luftschicht bedingt ist (Fernlicht-Aus-Effekt bei Nebel). Er nutzte die Gelegenheit für einige Photos mit seinem Weitwinkelobjektiv (Ausschnitt vom Mond bis zum Jupiter).

Nach einer weiteren Aufwärmpause beobachteten die noch verbliebenen Fünf das Ende der Totalität um 21h51. Das Erstrahlen des ersten weißen Saums am Rande der rotbraunen Scheibe war fast so ergreifend wie bei der SoFi im August 1999. Dann kündigte uns Bruno noch eine besondere "Zugabe" an: Auf dem Jupiter fand gerade eine totale SoFi, verursacht durch den Mond Io (Beginn des Durchgangs 21h43, Anfang des Schattenwurfs 22h41), statt. Wir richteten die Fernrohre neu aus und konnten, begünstigt von der inzwischen sehr ruhigen Luft, den scheibchenförmigen Kernschatten von Io auf der Jupiteroberfläche verfolgen.

Nachdem Väterchen Frost in der letzten Zeit zwar die optischen Bedingungen verbessert, sich aber auch schon wieder in den meisten Schuhen eingenistet hatte, beendeten wir die sehr schöne und ergiebige Beobachtungsnacht, bauten die Instrumente ab und traten die Heimreise bei deutlich weniger Nebel an. An dieser Stelle sei Bruno, Claudia und Matthias gedankt, die uns dies ermöglicht haben.