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Der AVWM-Ausflug am 8.10.2000 ins Ries: Wenn Astronomen reisen.....


von Otto Büttner-Jacobs



Nachdem der Herbst durch astronomisch unbrauchbares Wetter glänzte, war jeder misstrauisch: wie wird das Wetter am Tag des Vereinsausflugs? Manfred war vom ins Wasser gefallenen ITT eine Woche vorher noch vorgeschädigt. Entsprechend häufig waren die Anrufe, ob der Ausflug auch bei schlechtem Wetter stattfinden würde. Nachdem nur kurze Wegstrecken zu bewältigen waren und der Wetterbericht eine passende Wolkenlücke in Aussicht stellte, gab es keinen Grund für voreilige Rückzieher!

Da ich die Sondierung im September mittels Bundesbahn durchführte, war mir jedoch ein kleines Hindernis verborgen geblieben: in Harburg war die B2 nach Nördlingen gesperrt und die Umleitung führte durch das halbe Ries. So dauerte für mache der Hinweg etwas länger als gedacht. Mittels Handy wurden aber alle zum vereinbarten Treffpunkt beim römischen Gutshof gelotst.

Die Villa Rustica ist eine Anlage aus dem 2 Jahrhundert nach Christus und ist stattliches Beispiel für die römische Besiedelung südlich des Limes. Auf einer Fläche von einem Hektar sind Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und ein Bad errichtet worden. Fußbodenheizung gabs aber keine und so wurde durch Kälte und Alamanneneinfälle um ca. 250 der römischen Besiedelung ein Ende gesetzt.

Direkt oberhalb des Gutshofs am Hang des Riegelbergs befinden sich die beiden Offnethöhlen, die Ende des 19. Jahrhunderts ausgegraben wurden. Der Blick nach Süden über ein Trockental auf den Rand des Rieskraters macht die Höhlen zu einem hervorragenden Aussichtspunkt. Funde von Steinwerkzeugen und Knochen belegen, daß dieser Ort von der Alt- bis zur Jungsteinzeit als Jagdbehausung genutzt wurde.. Rätsel gibt der Fund von 2 "Schädelnestern" auf. Geschmückte menschliche Schädel wurden kreisförmig am Höhleneingang bestattet. An keinem anderen Ort wurde derartiges gefunden, sodaß auch weiterhin gerätselt werden darf. Glaubten unsere Altvorderen vielleicht an die gute Aussicht nach dem Tode?

Über den Offnethölen erhebt sich der Riegelberg. Heftiger Nebel verhinderte einen Blick übers Ries Richtung Nördlingen. Mangels Aussicht gabs Erklärungen anhand von Karten und Abbildungen über die Situation vor, während und nach dem Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren. Vor allem während der 60er und 70er Jahre wurde das Ries von der Nasa im Rahmen des Apollo-Programmes intensiv erforscht, da es einer der am besten erhaltenen großen Impaktkrater der Erde ist. Erst 1962 wurde durch Shoemaker der Nachweis erbracht, daß das Ries durch einen Meteoriten entstanden ist! Der Steinmeteorit, der das Ries verursachte, war immerhin ca 1 km groß, 70 km/s schnell und setzte die Energie von 250000 Hiroshimabomben frei! Leider hat auch die Nasa keine Antwort darauf gefunden, wie sich die riesigen Energiemengen eines Meteoriteneinschlages sinnvoller als zur Landschaftsvernichtung nutzen lassen.

In einer Entfernung von ca 1 km befindet sich der aufgelassene Steinbruch Altenbürg. Hier wurde im Mittelalter ein großer Teil des Suevits für die öffentlichen Gebäude Nördlingens gewonnen. Suevit ist ein Impakt-Gestein, das sich beim Einschlag bildete. Im Steinbruch ist gut die Grenze zwischen Impaktgestein und ursprünglich vorhandenen Kalken zu sehen. Das war natürlich die Stunden der Steinsammler! Während der Wanderung zum Steinbruch hoben sich die Nebel und gaben den Blick auf herrlichen herbstlichen Mischwald frei.

Eigentlich dacht ich ja, wir könnten gleich nebenan im Waldgasthof Alte Bürg zu Mittag essen. Da hatte ich mich aber getäuscht! Das Restaurant war rappelvoll, und für uns 14 Leute gabs keinen Platz mehr. Alsī dann auf nach Nördlingen, nachdem Thomas noch Rat bei seiner in Nördlingen wohnenden Oma einholte. Beim 2ten Anlauf in Nördlingen fanden wir gegen 1 Uhr dann eine Wirtschaft für 14 hungrige Astronomen. Frisch gestärkt gings dann weiter ins Ries-Museum. Hier sind alle Aspekte von Meteoriteneinschlägen sehr anschaulich erklärt. Die Diaschau im ersten Stock zeigt sehr beeindruckend die Dynamik bei der Entstehung des Rieskraters. Es ist auch die weitere Entwicklung des Kraters (See, Bildung von Süsswasserkalken, anschließende Einebnung) dargestellt. Nachdem im Museumsshop der Meteoritenbedarf gedeckt wurde, war der geplante Teil des Ausflugs beendet.

Während wir nach einem passenden Kaffee suchten, beschlossen wir, auf den Daniel zu steigen. Der Daniel ist der höchste Kirchturm Nördlingens mit einer phantastischen Aussicht über das ganze Ries. Das Wetter war auch toll und so gab es einige schöne Sichten. Der Blick auf Nördlingen von oben macht klar, daß das Wohnen in einer mittelalterlichen Stadt für einen Autofahrer des 20. Jahrhunderts eine Tortur ist: enge Strassen, dauernd verlegte Einbahnstrassen und 0 Parkplätze sorgen für ruhiges Wohnen in zentraler Lage. Gegen 17 Uhr 30 traten wir dann die Heimreise an.